Einleitung & Konzeption
Die Treibhausgas-Projektionen (kurz THG-Projektionen oder Projektionen) informieren über die mögliche zukünftige Entwicklung der Emission von Treibhausgasen in Deutschland und bestehen aus einem "Mit-Maßnahmen-Szenario" und einem "Mit-Weiteren-Maßnahmen-Szenario". Beide Szenarien zeigen auf welche mögliche Wirkung klimaschutzrelevante Politiken und Maßnahmen auf die Emission von Treibhausgasen haben (siehe Projektionsbericht 2024, Kapitel 2.4). Gemäß Governance Verordnung (Verordnung (EU) 2018/1999) sowie den dazugehörigen Durchführungsverordnungen (EU) 2020/1208 und (EU) 2022/2299 sind die Projektionen eine zweijährige Berichterstattungspflicht an die Europäische Kommission und die Europäische Umweltagentur. Die Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG, 2024) ergänzt in § 5a die europäische Berichterstattung um eine jährliche nationale Berichtspflicht zu den Treibhausgas-Projektionen. In § 5a des KSG weist die Bundesregierung das Umweltbundesamt an, Daten zu den Treibhausgas-Projektionen (Projektionsdaten) zu erstellen und dafür ein Forschungskonsortium zu beauftragen. Am 15. März leitet das Umweltbundesamt die Projektionsdaten dem Expertenrat für Klimafragen (ERK) und dem Deutschen Bundestag zu. Dies geschieht parallel zur Veröffentlichung der Emissionsdaten nach § 5 KSG. Grundlage für die Prüfung des ERK sind die Ergebnisdaten des "Mit-Maßnahmen-Szenario". Für den Fall das der ERK feststellt, das Deutschland seine Klimaschutzziele nicht einhält, muss die Bundesregierung Maßnahmen ergreifen, um die Ziele wieder zu erreichen (vgl. § 8 KSG).
Das beauftragte Forschungskonsortium und das Thünen-Institut erstellen die Szenarien der Projektionen mit Computermodellen. Computermodelle können reale Gegebenheiten (zum Beispiel die deutsche Volkswirtschaft oder die deutschen Stromnetze) nicht vollständig abbilden. Zum einen ist die Realität sehr vielschichtig und zukünftige Entwicklungen sind unsicher. Zum anderen können die Modellierenden nicht alle Daten berücksichtigen, um reale Gegebenheiten zu modellieren. Grund hierfür ist, dass nicht alle relevanten Daten zugänglich sind bzw. im Rahmen der vorgegebenen Fristen und Kapazitäten analysiert werden können. Folglich gibt es nicht eine Möglichkeit reale Gegebenheiten zu modellieren und Computermodellen liegen unterschiedliche Theorien, Annahmen und Sichtweisen zu Grunde. Unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben der Berichterstattung treffen das beauftragte Forschungskonsortium, das Thünen-Institut und das Umweltbundesamt Annahmen für die Modellierung der Projektionsszenarien und müssen mit Informationslücken umgehen (vgl. Leistungsbeschreibung (Forschungskennziffer (FKZ): 37K2442010), S. 4; vgl. Ellenbeck und Lilliestam 2019; Dieckhoff et al. 2014; Grunwald 2011; Leopoldina, acatech, und Union der deutschen Akademien der Wissenschaften 2015; Thompson 2022).
Die Anforderungen, Relevanz und Eigenschaften der Projektionen machen deutlich, dass es für deren Verständnis sehr relevant ist, verwendete Daten und Modelle transparent und nachvollziehbar zu dokumentieren (vgl. Leistungsbeschreibung (FKZ: 37K2442010), S. 4-5). Auch der Expertenrat für Klimafragen ist in seinem Gutachten zur Prüfung der Treibhausgas-Projektionsdaten 2024 zu der Einschätzung gekommen, dass
"[e]ine hohe Transparenz des Prozesses zur Erstellung der Projektionsdaten sowie hinsichtlich der verwendeten Daten und Annahmen [...] ein wesentliches Element für die Schaffung einer hohen Glaubwürdigkeit [ist]. Im Hinblick auf die Modellierung, die eingehenden Rahmendaten, die implementierten Maßnahmen und die Ergebnisdaten bedeutet dies, dass eine möglichst übersichtliche, vollständige, nachvollziehbare und der Öffentlichkeit zugängliche Dokumentation notwendig ist" (Expertenrat für Klimafragen 2024, RN 166).
Die Transparenz und Dokumentation der Daten und Modelle ist ein wesentlicher Bestandteil des Forschungsvorhabens (FKZ: 37K2442010) zur Erstellung der Treibhausgas-Projektionen 2025, 2026 und 2027. Das Arbeitspaket 1 (Literatur, Transparenz und Dokumentation von Daten und Modellen) des Forschungsvorhabens, gibt für diese Arbeiten den Rahmen vor. Die folgenden Abschnitte erläutern das inhaltlich-methodische Vorgehen zur Erstellung der Daten- und Modelldokumentation der Projektionen 2025.
Dokumentation der Daten
Für die Projektionen unterteilen Forschungskonsortium, Thünen-Institut und Umweltbundesamt die verwendeten und erzeugten Daten in
- Rohdaten
- Modell-Inputdaten
- Modell-Outputdaten
- veröffentlichte Ergebnisdaten
(vgl. Leistungsbeschreibung (FKZ: 37K2442010), S. 11; Morrison 2018; Pfenninger et al. 2018). Die Rohdaten sind Daten, die zumeist aus externen Quellen stammen. Hierzu gehören zum Beispiel Daten der amtlichen Statistik (Eurostat, Destatis) und Daten der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB). Eine Ausnahme sind die vom Thünen-Institut erstellten Daten (u.a Emissionsfaktoren, Inventurergebnisse zu Flächen und Wald), die es nutzt, um die Projektionen in den Sektoren Land- und Forstwirtschaft zu modellieren. Die aktuellen Daten der Treibhausgas-Emissionen und der erneuerbaren Energiestatistik stellt das Umweltbundesamt bzw. die Geschäftsstelle der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik am Umweltbundesamt zur Verfügung. Zumeist müssen die Modellierenden die Rohdaten weiter verarbeiten (sogenanntes Pre-Processing), um sie für die Modellierung nutzen zu können. Diese verarbeiteten Daten sind die Modell-Inputdaten. Die unbearbeiteten Ergebnisdaten der Modelle sind die Modell-Outputdaten, die Thünen-Institut und Forschungskonsortium ebenfalls weiterbearbeiten, damit das Umweltbundesamt sie als Ergebnisdaten veröffentlichen kann.
Unter Rückgriff auf etablierte Standards hat das Umweltbundesamt (Fachgebiet V 1.2) eine Auswahl an Dokumentationskategorien für die Dokumentation der Daten zusammengestellt. Jede Kategorie wird durch eine Beschreibung, die die zu dokumentierenden Inhalte erläutert, ergänzt. Die Beschreibungen hat das Umweltbundesamt den verwendeten Standards entnommen bzw. diese entsprechend der Erfordernisse der Treibhausgas-Projektionen ergänzt und konkretisiert. Die Dokumentationskategorien hat das Umweltbundesamt zu Beginn des Berichtszyklus der Treibhausgas-Projektionen 2025 mit dem Öko-Institut als Projektleitung des Forschungskonsortiums und dem Thünen-Institut erörtert.
Der zentrale Standard zur Dokumentation struktureller Metadaten (unter anderem Informationen zu verantwortlichen Personen und Organisationen, Datum derErstellung und Aktualisierung, Ort der Veröffentlichung, vgl. auch Eurostat) von Daten ist das DCAT-AP.de Metadatenmodell. Gemäß der Entscheidung des IT-Planungsrates von Juni 2018 ist DCAT-AP.de der Standard für den Austausch von Metadaten zwischen deutschen Open Data Portalen. Das Umweltbundesamt hat zentral entschieden welche Kategorien des DCAT-AP.de Metadatenmodells für vom Umweltbundesamt veröffentlichte Datensätze verpflichtend und optional sind. An dieser Entscheidung hat sich das Fachgebiet V 1.2 für die Treibhausgas-Projektionen orientiert. Bei den optionalen Kategorien des DCAT-AP.de Metadatenmodells hat das Fachgebiet V 1.2 eine eigenständige Auswahl mit Blick auf die Relevanz für die Treibausgas-Projektionen getroffen. Für die Treibhausgas-Projektionen 2025 ist die Version 2.0 des DCAT-AP.de Metadatenmodells verwendet worden. Am 12. Dezember 2024 haben die für DCAT-AP.de verantwortlichen Stellen die Version 3.0 veröffentlicht. Das Fachgebiet V 1.2 konnte die Dokumentationskategorien im laufenden Berichtszyklus nicht aktualisieren, da am 12. Dezember 2024 das Thünen-Institut und das Forschungskonsortium mit der Modellierung und den Dokumentationsarbeiten bereits begonnen haben.
Für die Dokumentation der referenziellen Metadaten (unter anderem Informationen zu verwendeten Konzepten, Methoden und Qualität, vgl. auch Eurostat) der verwendeten und erzeugten Daten für die Treibhausgas-Projektionen 2025 hat das Fachgebiet V 1.2 unterschiedliche Quellen konsultiert, die es in den Beschreibungen zu den referenziellen Metadaten aufführt. Bei den Quellen handelt es sich insbesondere um ausgewählte wissenschaftliche Literatur, Qualitätsberichte von Destatis zu statistischen Daten, das Qualitätsglossar des Europäischen Statistischen Systems (ESS), die Energiestatistikverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1099/2008) und das Glossar der IPCC Guidelines.
Eine Übersicht über die Dokumentationskategorien (=Datenschema), deren Beschreibung und Links zu den verwendenten Quellen finden Sie unter "Dokumentationskategorien" (linke Navigationsleiste). Die Faktenblätter mit den strukturellen Metadaten finden Sie unter "Datendokumentation" (linke Navigationsleiste).
Dokumentation der Modelle
Die Dokumentation der Modelle umfasst die Modelle, die das Thünen-Institut und Forschungskonsortium verwendet haben, um das "Mit-Maßnahmen-Szenario" und das "Mit-Weiteren-Maßnahmen-Szenario" zu erstellen. Im Gegensatz zur Dokumentation der Daten kann hier nicht auf offene und definierte Standards zurückgegriffen werden. Die Dokumentation der Modelle orientierte sich zunächst an den Vorgaben und Leitfäden für die Berichterstattung (Durchführungsverordnung (EU) 2020/1208: Artikel 38 Abs. 2d, Schmid et al. 2023). Auf Basis ausgewählter wissenschaftlicher Quellen hat das Umweltbundesamt (Fachgebiet V 1.2) die Vorgaben der Berichterstattung um weitere Dokumentationskategorien ergänzt (Cao et al. 2016, Grimm et al. 2020, Hall und Buckley 2016, Model Factsheets der Open Energy Platform). Vergleichbar mit den Dokumentationskategorien der Daten umfassen auch die Kategorien zur Dokumentation der Modelle Beschreibungen, die die festzuhaltenden Inhalte erläutern. Neben den hier genannten Quellen hat das Umweltbundesamt (V 1.2) für die Formulierung der Beschreibung der Kategorien auf weitere Quellen zurückgegriffen, die in den Beschreibungen referenziert werden. Die Modellierenden haben für jedes Modell ein Faktenblatt (Englisch: Factsheet) angelegt, dass das jeweilige Modelle anhand der Dokumentationskategorien beschreibt und erläutert. In dieser Dokumentation finden Sie Factsheets zu folgenden Modellen (alphabetische Reihenfolge):
- ASTRA-M (M-Five, Fraunhofer-ISI)
- CAPRI (Thünen-Institut)
- ENUSEM (Öko-Institut)
- FORECAST-Appliances (Fraunhofer-ISI)
- FORECAST-Industry (Fraunhofer-ISI)
- FORECAST-Tertiary (Fraunhofer-ISI)
- Invert/ee-Lab (IREES)
- IPCC Waste Model (Öko-Institut)
- LaWiEnMod (Öko-Institut)
- LULUCFMod (Thünen-Institut)
- Matrix (Thünen-Institut)
- PowerFlex (Öko-Institut)
- ProFI (Öko-Institut)
- Py-GAS-EM (Thünen-Institut)
- TEMPS (Öko-Institut)
- VIEW (prognos)
- Winfra (prognos)
- WoodCarbonMonitor (Thünen-Institut)
Formulierungsleitfaden für die Faktenblätter zu den Modellen
Die Factsheets informieren über die grundlegende Konzeption der Modelle, die das Thünen-Institut und Forschungskonsortium für die Treibhausgas-Projektionen verwendetet haben. Die Faktenblätter haben nicht den Charakter und Umfang einer Modelldokumentation, die die methodischen und inhaltlichen Details der Modelle und deren Anwendung erläutert, sondern sind als zentrale Referenzdokument zu verstehen. Mit Rückgriff auf die Dokumentationskategorien beinhalten sie all die Informationen und Quellenangaben, um ein grundlegendes Verständnis, grundlegende Transparenz und ein vergleichbares Dokumentationsniveau der Modelle zu ermöglichen. Die Quellenangaben ermöglichen es den Lesenden, sich weiterführend über die Modelle zu informieren.
Die ergänzenden Beschreibungen der Dokumentationskategorien erläutern, auf welche Inhalte und Aspekte der Modelle sie sich beziehen. Diese kurzen Beschreibungen bieten jedoch nur eine eingeschränkte Orientierung für die konkrete Formulierung der Inhalte. Deshalb hat das Umweltbundesamt den Modellierenden einen kompakten Formulierungsleitfaden bereitgestellt, der folgende Aspekte umfasst.
Präzise Benennen und präzise Referenzieren
Die Modellierenden nutzen präzise und einheitliche Begriffe, die das Modell insgesamt, dessen Aufbau und Funktionsweise erläutern. Sie definieren die Begriffe in den Faktenblättern oder beziehen sich auf Definitionen in anderen Quellen. Die Definitionen können die Modellierenden aus relevanten Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen für die Treibhausgas-Berichterstattung entnehmen. Andere mögliche Quellen, die die Modellierenden nutzen können, sind unter anderem relevante Leitlinien, Klassifikationen und Glossare. Die Begriffe müssen selbsterklärend bzw. mit Hilfe der Faktenblätter verständlich sein. Zur präzisen Benennung gehört auch, dass die Modellierenden (eine Auswahl) von unter anderem Variablen, Parametern, mathematischen Funktionen und Gleichungen sowie Komponenten des Modellcodes benennen und erläutern.
Sofern die Modellierenden über das Modell, dessen Aufbau und Funktionsweise bereits in anderen Dokumenten informieren bzw. dokumentieren, binden die Modellierenden Quellenangaben in die Faktenblätter ein. Die Quellenangaben ermöglichen es den Lesenden die referenzierten Dokumente und Stellen innerhalb der Quellen gut aufzufinden. Ergänzend zu den Quellenangaben im Text derFaktenblätter umfassen diese auch ein Quellenverzeichnis mit Permanentlinks, damit die Lesenden einen unkomplizierten Überblick und Zugang zu den Quellen erhalten.
Außerdem hat das Umweltbundesamt (V 1.2) die Modellierenden gebeten zu erläutern, wiesie die Modelle für die Erstellung der Treibhausgas-Projektionen anwenden und hierfür auf die anderen Dokumenten und Datenquellen der Projektionsberichterstattung in den Faktenblättern zu verweisen.
Deskriptive Erläuterung
Die Modellierenden ergänzen deskriptive Erläuterungen zu Aufbau und Funktionsweise der Modelle, so dass die Lesenden das Modell insgesamt und dessen Teile grundlegend verstehen können.
Begründen und Reflektieren
Zweck, Aufbau und Funktionsweise eines Modells können die Lesenden insbesondere dann nachvollziehen, wenn deutlich wird, zu welchem Grad das Modell reale Gegebenheiten abbilden und simulieren kann bzw. soll. Folglich hat das Umweltbundesamt (V 1.2) die Modellierenden gebeten, diese Zusammenhänge in denFaktenblättern zu verdeutlichen und Entscheidungen unter anderem hinsichtlich ihrer Annahmen und Grad der Verallgemeinerung der Modell zu begründen und zu reflektieren.